Handmade by: Cristina, ein Interview über Kindermode, italienischen Geschmack und die Vorzüge Berlins

Heute ist es nun endlich so weit! Ich freue mich euch meine neue Blog-Rubrik zu präsentieren, die ich schon so lange im Kopf hatte.

Immer öfter geht es auf diesem Blog um DIY’s und das Thema Selbermachen. Deswegen hatte ich die Idee auf die Suche nach Menschen zu gehen, die die selbe Leidenschaft wie ich hegen und pflegen. Menschen, die fernab vom Mainstream, Dinge selbst gestalten und realisieren, sei es für’s eigene Heim oder zum Beispiel für ihr Label. Mir geht es darum euch kreative Personen vorzustellen für die Selbermachen eine Art Lebenskonzept ist, manchmal aus der Not heraus oder auch aus reinem Individualismus. Ich bin gespannt wen ich in dieser „Mission“ alles treffen und interviewen werde. Und falls ihr selbt für’s Selbermachen brennt oder jemanden kennt, der ständig alles selbst in die Hand nimmt, dann meldet euch bei mir und erzählt mir eure Geschichten.

Le Dernier Cri Wand

Den Anfang in meiner Rubrik macht heute Cristina. Ich kenne sie schon ein paar Jahre und bin immer ganz angetan von ihrem bunten Lebensstil und den wunderschönen Kindersachen, die sie für ihr kleines Label Le Dernier Cri fertigt. Cristina hat mir ganz viele neugierige Frage beantwortet, aber lest selbst was sie über sich, ihr Label und ihre neue Heimat Berlin schreibt. Ich danke dir für das schöne Interview, das ich übersetzen durfte, und die Einblicke, die du uns gegeben hast.

Hallo Cristina, magst du dich kurz vorstellen? Wo kommst du her? Was hast du gelernt bzw studiert?

Mein Name ist Cristina, ich bin 36 Jahre alt und habe 2 Kinder. Ich komme aus Italien und lebe seit 4 Jahren in Berlin. Aufgewachsen bin ich in Mailand, wo ich auch Kunst studiert habe. An der Kunstakademie in Mailand habe ich Bühnenbild studiert und dabei meine Leidenschaft für Kleider und Kostüme entdeckt und deshalb entschieden mich auf die Schneiderei zu spezialisieren. Ganz am Anfang stellte ich mir vor im Theater zu arbeiten, habe dann aber damit begonnen Mode für Frauen zu entwerfen und als ich Mutter wurde habe ich mich in die unendliche Fantasiewelt der Kinder verliebt.Hängende Puppen

Du betreibst schon länger dein kleines Kindermode-Label Le Dernier Cri. Was zeichnet es aus? Und wie kam es zur Idee Kindermode zu entwerfen und zu verkaufen?

Eigentlich muss ich mich vor allem bei meiner Tochter bedanken, denn mit den Geschenken, die ich mir für sie ausdachte, habe ich realisiert wie viel Spaß es machen kann für die Allerkleinsten etwas zu gestalten, ihre Wünsche zu erfüllen und sie damit glücklich zu machen. Und so bin ich ganz langsam zu meiner jetzigen Arbeit gekommen. Was mir am meisten an meiner Arbeit Freude bereitet ist, das ich viele verschiedene Stoffe verwende, die oft nicht die üblichen Kinderstoffe sind. Ich liebe es Stoffe zu kaufen und besitze tausende von unterschiedlichen, bis zu ganz kleinen, Stoffstücken.

Dein Label besticht durch eine besondere Einzigartigkeit, vor allem weil du wunderschöne Stoffe, die man nicht an jeder Ecke findet, zu Kindermode verarbeitest. Auch besondere Materialien wie hochwertige Wollstoffe für Hosen finden Verwendung. Wo findest du all die schönen Stoffe und Accessoires?

Ich hege eine wirkliche Leidenschaft, fast Obsession, für Tupfen und Streifen, die ich gern mit typisch klassischen und eleganten Herrenstoffen kombiniere, wie zum Beispiel Wolle für Jacken und Hosen oder Baumwolle für Hemden. Glücklicherweise findet man in Italien sehr hochwertige Stoffe von bester Qualität, deswegen gehe ich jedes Mal, wenn ich in Mailand bin, immer wieder gern in die Geschäfte von früher, als ich noch dort arbeitete. Seit Kurzem kaufe ich auch online und bin viel unterwegs in Berlin und Umland; auf Märkten, in Kaufhäusern und kleinen, niedlichen Geschäften, wo ich immer etwas schönes finde.

DSC05710Girlande Le dernier cri

Du stammst ursprünglich aus Italien, lebst aber schon ein paar Jahre in Berlin, eine der Handmade-Hochburgen Deutschlands. Was haben Italiener für ein Verhältnis zu handgemachten Sachen? Und wie kommen deine Sachen in Deutschland an?

In den Jahren, die ich hier lebe, ist mir aufgefallen, dass es einen sehr einheitlichen Geschmack und Stil gibt, den man auch in vielen Kinderprodukten, die in den meisten Geschäften verkauft werden, wiederfindet. Diese Produkte sind oft wirklich schön, mir persönlich gefallen sie auch sehr gut, aber darüber hinaus findet man wenig interessante Alternativen. Ich sage das, weil ich glaube als Jemand, der aus einem anderen Land kommt und damit einen anderen Geschmack, unterschiedliche Bräuche und Traditionen mit sich bringt, ist es hier nicht einfach eine neugierige Käuferschaft zu finden, die Lust hat etwas völlig Anderes zu entdecken, das charakterisiert ist von einem anderen Geschmack, weil man andere Details verwendet, andere Stoffe auswählt und kombiniert und damit Dinge entstehen lässt, die einfach unbekannt sind, vielleicht etwas fremd wirken.

Tisch Le dernier cri

Aber das ist einfach unvermeidbar. Ich bin Italienerin und das kommt sicherlich in meiner Arbeit zum Ausdruck, zum Beispiel beim Aussuchen und Verwenden einer bestimmten Stoffart, aber auch durch Schnittmuster und gewiss dadurch wie ich meine Muster umsetze. Ich denke auch, dass sich ein wirklicher Erfolg mit den Dingen, die man macht, nicht sofort und ganz sicher einstellt, denn die Leute brauchen Zeit neue Dinge anzunehmen und sie zu mögen. Um mich klar auszudrücken: das gilt für jeden und überall.

Was gefällt dir an Deutschland bzw. an Berlin? Hast du dich bewusst dafür entschieden hier mit deiner Familie zu leben?

Ich werde oft gefragt warum ich entschieden habe von Mailand nach Berlin zu ziehen. Ich beginne langsam zu glauben, dass den Berlinern nicht bewusst ist wie besonders ihre Stadt ist. Während das Klima hier wirklich ein anstrengender Aspekt meines neuen Lebens ist, bin ich immer noch sehr glücklich über meine Entscheidung, denn Mailand ist leider keine Stadt, in der man seine Kinder aufwachsen lassen sollte. Sie ist chaotisch, mit stark befahrenen Straßen und deswegen sehr verschmutzt, schrecklich unruhig und alle sind immer in Eile. Sie ist eine Stadt der Geschäftsleute, die Karriere machen wollen, denn alles ist sehr teuer und das Geld reicht nie zum Leben.

Regal Le dernier cri

Was sind deine Lieblingsorte in Berlin?

Es gibt viele Orte in Berlin, die ich sehr mag. An einem schönen, warmen Frühlingssonntag gehe gern üppig im Ballhaus-Garten in der Auguststraße frühstücken. Ich mag es im Monbijou Park eine Pizza, die übrigens sehr gut ist, zu essen und nebenbei die Schauspieler hinter der Bühne des Freilufttheaters zu beobachten. Das c/o Berlin, wo ich mich für ein paar Stunden hin flüchten konnte, war einer der besten Orte überhaupt und ich bin glücklich darüber, dass die Galerie an einem neuen Sitz wiedereröffnet, denn die Fotoausstellungen bewegen mich immer wieder sehr. Und das Kino International ist sicherlich eines der elegantesten Kinos, die ich je besucht habe. Ich habe eine Schwäche für die Tag und Nacht geöffneten Kreuzberger Bars und um nachzudenken bin ich gern im Volkspark Friedrichshain spazieren, vor allem im Herbst, wenn ein wunderschöner, riesiger Blätterteppich mit unendlich vielen Farben ihn überzieht. In Wirklichkeit mag ich wahnsinnig viele Ecken und Situationen in dieser Stadt und das hier sind nur die ersten Dinge, die mir sofort eingefallen sind.

Laden linksLaden rechtsIn deinem sehr persönlichen Blog Needle works – Le Dernier Cri schreibst du (leider bis jetzt nur auf Italienisch) über deine tägliche Arbeit, das Leben in Berlin und stellst uns schöne Dinge vor. Einen besonderen Teil nehmen deine kleinen, kontinuierlichen Lektionen über die Geschichte der Mode ein. Wie kamst du auf die Idee darüber zu schreiben und was liegt dir damit besonders am Herzen?

Mein Blog ist in der Zeit als meine Kinder noch klein waren, und ich entschieden hatte nicht mehr zu arbeiten um mich nur um sie zu kümmern, entstanden. Durch den Blog wollte ich auf irgendeine Weise mein Verlangen nach Kreativität stillen, mir selbst eine verpflichtende Beschäftigung geben und eine Verbindung zur Außenwelt aufrechterhalten, denn meine Welt zuhause bestand nur aus Spielzeug und Windeln. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Leser dazu und auch nach meinem Umzug hierher habe ich entschieden weiterzuschreiben und meinen Blog um nützlichen und interessanten Inhalt zu erweitern, wie zum Beispiel die Rubriken zum Thema Nähen oder Modegeschichte. Es erfüllt mich mit Freude und Genugtuung, wenn Leute mir schreiben um sich bei mir zu bedanken, weil sie dank eines meiner posts etwas mit ihren eigenen Händen geschaffen haben. Dank meines Blogs habe ich eine Menge interessanter Leute kennengelernt und ich bin ein wenig traurig, weil ich in letzter Zeit wirklich wenig Gelegenheit hatte mich um sie zu kümmern, aber ich habe mir vorgenommen so schnell wie möglich die verlorene Zeit aufzuholen.

Le Dernier Cri gibt es ab jetzt nicht mehr nur online bei DaWanda zu kaufen. Seit Kurzem hast du auch deinen eigenen Laden in Berlin eröffnet. Was wünschst du dir für dich und die Zukunft deines Labels?

Mit der Eröffnung meines kleinen Ladens hatte ich die Gelegenheit, durch Zufall oder Glück, interessante Menschen zu treffen mit denen neue Ideen und vielleicht auch Kooperationen entstehen . Und das ist es, was ich mir erhoffe: es zu schaffen die Zeit zu finden die Millionen von Ideen, die ich im Kopf habe, zu verwirklichen.

Offen-Schild le dernier cri

Wenn ihr euch Cristinas Sachen mal genauer anschauen wollt, dann stattet ihr doch einmal einen Besuch in ihrem Laden ab. Das kleine Geschäft findet ihr in der Körtestraße 5 in Berlin-Kreuzberg. Noch sind die Öffnungszeiten sehr unregelmäßig. Ihr trefft Cristina meistens vormittags bis zum frühen Nachmittag an.

Und noch etwas: seit kurzem gibt es meine Mobiles und Girlanden auch in Cristinas Laden zu kaufen. Noch ein Grund mehr mal reinzuschauen!